Homélie zum 05. Sonntag im Jahreskreis C

Jes 6,1…8 / 1 Kor 15,1-11 / Lk 5,1-11

Meine lieben Schwestern und Brüder,
Vor einigen Jahren hatte ein französischer Schriftsteller, André Frossard, ein Buch geschrieben: „Gott existiert: er ist mir begegnet“. – Und im letzten Jahr, kam ein anderes sehr schönes Buch von Eric-Emmanuel Schmitt heraus, das hiess: „Ma nuit de feu“, „Meine Feuernacht“. Darin erzählt er, wie er, der Atheist, in der Wüste verloren war. Ganz erschöpft, nahe beim Tod fühlt er eine Präsenz, eine Kraft die ihn in die Höhe hebt, und ihn zum Leben stärkt. Diese Erfahrung änderte sein ganzes Leben und gab ihm einen neuen Sinn. – Ja, meine lieben Schwestern und Brüder, man könnte noch viele anderer ähnliche Erfahrungen erwähnen, von Leuten die eine so lebenswichtige Experienz der Gegenwart Gottes gemacht hatten. Wo und wie, in welchen Umständen ist solches geschehen? Was uns aber wichtig ist, das ist: „wie können wir Gott begegnen? Wo können wir ihm begegnen? Wo befindet er sich ? Wie lässt er sich finden ?“
Die heutige Liturgie legt uns drei solche Begegnungen vor. Jesaja, Paulus, Simon Petrus und die Apostel.
Dem Jesaja erscheint Gott in einer feierlicher Liturgie im Tempel, eine Liturgie, die den Himmel auf der Erde nahe macht. Wie in einem Traum, sieht er Gott auf seinem Thron, in seiner Herrlichkeit. Der ganze Tempel ist voll vom Glanz seiner Ehre. Die Scharen des himmlischen Heeres singen mit lauter Stimme: „Heilig, heilig, heilig…“ Diese Vision wird sein ganzes Leben erschüttern: Er hat den grossen Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen.
Paulus, auf eine ganz andere Weise, ist Christus auf der Strasse begegnet. Er, er träumte nicht. Im Gegenteil, er war voll Wut gegen die Christen. Nichts konnte eine solche Begegnung voraussehen lassen. Und da, plötzlich, in einem Augenblick, wird er niedergeschlagen. Alle seine Ansichten stürzen zusammen. Sein ganzer Hass verschwindet. Seine ehemalige Weltauffassung stürzt ein. Er sieht nicht mehr klar. Er steht in einer dunklen Nacht. Und da, in dieser Finsternis hört er die Stimme des Herrn. Er ist aber ein vernünftiger Mensch. Er lässt sich nicht irreführen. Er widersteht. Er will wissen worum es sich handelt. « Wer bist du denn, du, der du mit mir sprichst? » – „Ich bin Jesus, den du verfolgst“. Da sinken seine Kräfte, er kann nicht mehr widerstehen. Er erklärt sich bereit.
Simon Petrus und die Apostel begegnen dem Herrn noch auf eine andere Weise. Am Seeufer, in ihrer täglichen Beschäftigungen. Zusammen mit ihrem Vater, ihren Brüdern und Freunden, betreiben sie ihren Fischerberuf. Und da steht ein Mann vor ihnen. Ein Mann, der sich um sie bekümmert. Er sieht, sie haben ein Problem. Sie sind voll Ärger und Verdruss, denn sie hatten Misserfolg beim Fischfangen. Wenn es so weitergeht, wird ihr Unternehmen in Gefahr geraten. Darin, in ihrem aktuellen Besorgnis, trifft sie das Wort Gottes: „Ihr seid ja gute Fischer. Aber ich lade euch ein nicht mehr Fische, sondern Menschen zu fangen“. Das wird ihr ganzes Leben verändern. Sie lassen alles zurück und folgen ihm nach. Sie werden mit ihm leben; nach und nach werden sie entdecken das sei

nicht ein gewöhnlicher Mensch, er sei der versprochene Immanuel, Gott mit uns, Gott mitten unter den Menschen.
Da haben wir, meine lieben Schwestern und Brüder, drei Begegnungen erwähnt. Es gibt also kein spezieller Ort wo man Gott begegnen kann. Das kann im Gebet, in einer Kirche oder an einem Pilgerort; oder mitten in unseren täglichen Beschäftigungen, in unserer Familie, an unserem Arbeitsort, oder irgend anderswo geschehen. Es braucht nicht einmal spezielles Bereitsein. Saul wurde erfasst als sein Herz voll Hass war. Gott ergreift die Initiative. Er handelt wie er will, wenn er will, wo er will, mit wem er will. Er erwartet nicht einmal, dass wir dazu würdig seien.
Das geschieht immer und je in allen Begegnungen mit Gott. Alle die eine solche Erfahrung gemacht hatten, erkannten ihre fundamentale Unwürdigkeit. Jesajas, dem Gottes Heiligkeit offenbart wurde, schrie: „Weh mir, ich bin verloren. Ich bin ein Mann mit unreinen Lippen“. – Simon Petrus fiel Jesus zu Füssen und sagte: „Geh weg von mir, ich bin ein Sünder“. – Und Paulus sagt: er sei eine „Missgeburt“, der geringste der Apostel, er sei nicht wert, Apostel genannt zu werden, weil er die Kirche Gottes verfolgt hatte“. – In diesem heiligen Jahr der Barmherzigkeit, geht das auch uns an, meine lieben Schwestern und Brüder. Was auch unser Leben war, Gott giesst über uns seine Barmherzigkeit aus. Sein gnädiges Handeln schaut nicht auf unsere Sünden. Wenn auch unser Herz uns anklagt, Er ist grösser als unser Herz. Paulus sagt: „Wo die Sünde mächtig wurde, da ist die Gnade übergross geworden“. Das ist die Barmherzigkeit Gottes, die uns in Jesus Christus veroffenbart wurde. Durch die Gnade Gottes, nicht aufgrund unserer guten Werke, sind wir was wir sind.
Dazu aber enthält jede Begegnung mit Gott einen Ruf, eine Berufung. Gott offenbart sich nicht nur für eine private Freundschaft, eine enge intime Beziehung zwischen Dir und Mir. Niemandem begegnet Gott für sich selbst. Wer einmal eine solche Erfahrung gemacht hat, der ist verantwortlich seinen Brüdern und Schwestern gegenüber. Zu Jesajas hat Gott die Frage gestellt: „Wen soll ich senden? Wer wird für mich gehen?“ Er antwortete: „Hier bin ich, sende mich“. – Zu Simon Petrus sagte Jesus: „Fahr hinaus. Fürchte dich nicht. Von nun an wirst du Menschen fangen“. – Und über Paulus wird der Herr sprechen: „Er ist mein auserwähltes Werkzeug: er soll meinen Namen vor Völker tragen. Ich werde ihm auch zeigen, wie viel er für meinen Namen leiden muss“. Paulus selbst, am Ende seines Lebens kann erklären: „Durch die Gnade Gottes bin ich was ich bin“.
Also, meine lieben Schwestern und Brüder, nach diesen Gedanken über die Texte des heutigen Sonntags, will ich uns allen einen Wunsch formulieren: Gott gebe uns allen die Gnade, sei es nur einmal in unserem Leben, eine solche echte, authentische Begegnung mit ihm zu erfahren. Unser Leben werde dadurch umgestaltet, erneuert und erleuchtet. So werden wir Licht der Welt, das, ohne zu moralisieren, unsere ganze Umgebung, unsere Familie und unsere Mitmenschen erleuchtet. Alleluia!

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